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März 2013
OBJEKTBERICHT TALSPERRE VRUTCI
Moderne Injektionstechnik soll eingesetzt werden
Talsperren besitzen ein großes Gefährdungspotenzial. Während ihrer Lebensdauer von 100 oder mehr Jahren kann es an Staudämmen und Staumauern zu altersbedingten Veränderungen kommen. Stauanlagen werden in der Regel kontinuierlich überwacht. So können Verschlechterungen des Zustands früh erkannt werden und rechtzeitig Maßnahmen wie Reparaturen oder Sanierungen eingeleitet werden.

Im Rahmen der messtechnischen Bauwerksüberwachung werden alle Größen erfasst, die das Verhalten von Bauwerk und Untergrundbeschreiben. Dazu gehören i. A. Messungen der Lage, Messungen des Wasserdruckes, Messungen der Sickerwassermenge, Messungen der Temperatur und visuelle Beobachtungen. Die Ergebnisse der messtechnischen Bauwerküberwachung, insbesondere wenn Veränderungen festgestellt werden, sind hinsichtlich einer möglichen Beeinträchtigung der Tragsicherheit, der Gebrauchstauglichkeit und der Dauerhaftigkeit der Stauanlage zu beurteilen.

Die Talsperre Vrutci westlich von Uzice in Serbien wurde 1984 als doppelt gekrümmte Bogenstaumauer gebaut und dient hauptsächlich als Trinkwasser-speicher. Das Wasser wird aus dem Fluss Djetinja gestaut. In den zurück-liegenden Jahren haben sich an der Luftseite der Mauer immer deutlicher Austritte von Sickerwasser gezeigt, so dass sich im Winter große Eiszapfen
bilden. Diese potenziell gefährliche Situation sollte durch erste Abdichtungen in den Jahren 2010 und 2011 entschärft werden.

Es stellte sich jedoch heraus, dass der Abdichtungserfolg nicht dauerhaft war. Die Hydroprojekt Ingenieurgesellschaft mbH (HPI) aus Dresden wurde von der serbischen Firma „Geosonda Konsolidacija“ mit einer Inspektion der Fugenabdichtung beauftragt. Die Inspektion wurde durch das hessische Unternehmen DESOI vermittelt und durch den serbischen Vertreter von DESOI, David Dodig als Dolmetscher und Experte für Injektionstechnik betreut.

Ergebnis der Inspektion
Ein Vertreter des Betreibers der Talsperre nahm ebenfalls an der Inspektion teil. Bei der Inspektion der Staumauer wurde festgestellt, dass die Arbeits- und Blockfugen im Beton Risse mit erheblichen Öffnungsweiten von über einem Millimeter aufweisen.
Die Ursache für eine Durchlässigkeit in den horizontalen Arbeitsfugen ist eine möglicherweise nicht sachgerechte Oberflächenbehandlung während der Bauausführung. Bei der in den Jahren 2010 und 2011 von der Luftseite der Mauer aus durchgeführten Abdichtung mit Kunststoffen auf Polyurethanbasis als Kleber, Harz oder Schaum, konnte offensichtlich nur der oberflächennahe Bereich der Risse oder Fugen abgedichtet werden. Außerdem wurde vom Kontrollgang aus eine Abdichtung mit Injektionszement durchgeführt.

Die Planung, Durchführung und Dokumentation dieser Injektion entspricht nicht dem derzeitigen Stand der Technik.

Der Injektionserfolg ist deshalb unbefriedigend und eine Änderung der Injektionstechnik ist daher empfehlenswert. Da das Injektionsziel nicht erreicht worden war, wurde der regionale Partner von DESOI in Serbien um Unterstützung gebeten. Die DESOI GmbH in Kalbach bei Fulda verfügt über langjährige Kontakte zu Bauspezialisten u.a. zur Hydroprojekt Ingenieurgesellschaft mbH. Neben der Inspektion der Abdichtung  wurden an den wasserführenden Fugen und Rissen verschieden farbige Aussinterungen festgestellt. Es wurde darauf hingewiesen, dass die weißen Aussinterungen von Kalkstein aus dem Beton unbedenklich sind, während Veränderungen der Strukturen im Mauerbeton oder im Untergrund kritisch zu bewerten sind.
Empfohlen wurde von den Experten aus Dresden eine weitere Untersuchung der Aussinterungen. Eine dem derzeitigen Stand der Technik entsprechende Bauwerksüberwachung fand bisher nicht statt und Dokumente zur Bewertung der Anlagensicherheit wurden nicht vorgelegt. Dennoch: Eine augenscheinliche Gefährdung der Anlagensicherheit ist nicht vorhanden.

     
 

Empfehlungen

Die Sicherheitsstandards müssen erhöht und angepasst werden. Dazu sollten folgende Maßnahmen ergriffen werden:

  • Die messtechnische Bauwerksüberwachung ist entsprechend dem Stand der Technik zu ertüchtigen und zu erweitern.
  • Ein Programm für die Durchführung von Messungen, für die Auswertung und die abschließende Bewertung muss erarbeitet werden.
  • Diese Auswertung und Bewertung muss durch ein kompetentes und unabhängiges Ingenieurbüro sichergestellt werden.

Möglicherweise gefährliche Strukturveränderungen im Mauerbeton und im Untergrund müssen ausgeschlossen werden. Hierzu ist eine labortechnische Untersuchung der braunen Aussinterungen im Kontrollgang und im unteren Teil der Mauerluftseite sowie des Sickerwassers notwendig.SanierungenHinsichtlich der angestrebten Lebensdauer einer Stauanlage von über 100 Jahren ist eine grundlegende Sanierung empfehlenswert. Im Vorfeld sollte eine detaillierte Planung der Injektionen ausgeführt werden. Weiterhin sollten Injektionen zur Abdichtung in einem Probefeld vorgenommen werden, um den planmäßigen Erfolg hinsichtlich der Eindringtiefe und der Ausbreitung des Injektionsgutes durch eine oder mehrere Kernbohrungen nachzuweisen. Grundsätzlich ist darauf zu achten, dass die Injektionstechnik dem modernen Stand, wie sie von dem Unternehmen DESOI empfohlen wird, entspricht. Die Injektionen müssen umfassend dokumentiert werden.

Folgendes ist aufzuzeichnen:
  • Verwendete Geräte und Baustoffe
  • Lage, Länge und Richtung der Injektionsbohrungen
  • Mischungsverhältnisse und Eigenschaften des Injektionsgutes
  • Temperatur von Injektionsgut und Mauerkörper
  • Zeiten und Dauer der Injektion je Injektionsabschnitt und Baustoff
  • Eingebrachte Mengen des Injektionsgutes und wirksame Einpressdrücke
  • Ergebnisse der Eigen- und Fremdüberwachung des Injektionsgutes

Zusammenfassung / Ausbildung

Angesichts des von einer Stauanlage ausgehenden Gefährdungspotenzials empfiehlt die HPI eine grundlegende, zeitgemäße messtechnische Bauwerksüberwachung und darauf aufbauend eine regelmäßige Beurteilung der Anlagensicherheit. Die Dokumentation sollte Grundlage für weitere Untersuchungen des Status quo bilden. Grundlagen einer weiteren Planung sollten auch Messungen des Verformungsverhaltens der Staumauer und der abzudichtenden Risse bzw. Fugen beinhalten.
Eine Abdichtung des Mauerkörpers ist wasserseitig zu empfehlen, weil bei einer Abdichtung des Mauerkörpers an oder in der Nähe der Luftseite mit eindringendem Wasserdruck zu rechnen ist. Dies wiederum kann Veränderungen im Verformungsverhalten zur Folge haben.

Schritte für weiteres Vorgehen

  1. Kartierung der Risse, Messung der Fugenbewegung und Beobachtung der Sickerwassermenge
  2. Chemische Untersuchung der Aussinterungen und des Sickerwassers
  3. Erkundung der Materialeigenschaften des Mauerkörpers
  4. Planung der Sanierung, insbesondere der Abdichtung entsprechend dem derzeitigen Stand der Technik
  5. Fachgerechte Ausführung der Abdichtung unter laufender Qualitätssicherung
  6. Erweiterung der messtechnischen Bauwerksüberwachung entsprechend dem derzeitigen Stand der Technik
  7. Auswertung der Messergebnisse der Bauwerksüberwachung und Aufstellung einer Dokumentation zur Anlagensicherheit

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